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Underdogs Records/ https://underdogrecordstore.de/

„Einmal 20 liter yoghurt bitte! Danke. Hmmm, sehr lecker!“.
Wer jetzt glaubt, dass es sich bei 20 liter yoghurt um eine klassische College-Rock-Band im Herzerweichungsklangkostüm handelt, der liegt doch ganz schön weit daneben. Denn das, was die vier Jungs aus dem sächsischen Grimma hier abliefern, ist Hardcore, wie er abwechslungsreicher, schrei-angehauchter und punkiger kaum sein könnte. Immer wieder wechseln sich Screamo-Momente mit Emo-Melodien und verspielten Gitarrenläufen ab, die trotz der rauen Atmosphäre des Albums immer wieder für fast schon „träumerische“ Überraschungen sorgen. Hier gibt‘s auf die Mütze, hier geht‘s mitten ins Herz und hier wird Old School Emocore mit „Zorn“-mäßigen (und zwar von den einzigartigen Emo-Zorn wohlgemerkt!) Riffs garniert, als wäre es das Normalste der Welt. Und dann geht‘s wieder fetzig nach vorne los und es wird wieder gestoppt und das Ganze geht wieder von vorne los… Wahnsinnig gut!
Anspieltipps sind zweifelsohne „heavy swell“, „everyone“, das geniale „contradictions“, das träumerisch-nachdenkliche „buried deeper“ und mein Favorit „tapping your shoulders“.
Und wer es nicht glauben mag: Der ein oder andere Chorus erinnert mich doch sehr an eine Cheerleader*innen-Choreo. Ja, richtig gehört! Denn nach einem kurzen, befremdlichen Moment machen aber genau diese Gesangspassagen die Einzigartigkeit dieser Platte aus.
Was mir immer sehr wichtig ist, wenn ich das Vinyl aus der Verpackung befreie, ist die Gestaltung des Booklets. Auch hier haben die Jungs von 20 liter yoghurt ein Sahnehäubchen parat in Form eines kleinen Essays: Gespickt mit Themen, die sich in den insgesamt 10 Songs wiederfinden, denn es geht um Politik, Mental Health, Toxische Männlichkeit, Unterdrückung von Menschen in totalitären Systemen und vieles mehr. 20 liter yoghurt sprechen eine deutliche Sprache, sie geben Einblicke in die Songtexte und lassen uns an ihren Gedanken und ihrem Blick auf die Welt und die Gesellschaft teilhaben.
Für 20 liter yoghurt ist „Hardcore more than music. Hardcore ist manchmal auch nachdenken, reflektieren, Texte lesen, Texte schreiben und miteinander in Diskurs treten“.
Ich finde „always trying to fit“ von vorne bis hinten mega gelungen.   Ich steh‘ halt auf Mucke fernab von tausend mal gehörtem Einheitsgedudel. 20 liter yoghurt haben mich wirklich gekickt. Mehr davon, weil „echt lecker“!
20 liter yoghurt im Internet: https://20literyoghurt.bandcamp.com/
Pistolero