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Wenn es einen komplett wegballert, was man auf dieser Langrille alles zu hören bekommt, dann muss Pistolero entgegen aller Regeln des guten Schreibgeschmacks das Fazit einfach mal zu Beginn der Besprechung bringen: Das ist mit Abstand das Beste, was es im deutschsprachigen Punk-Genre seit langer, langer Zeit auf die geschädigten Gehörmuscheln gab! PASCOW kommen nach knapp vier Jahren zurück mit einem Überschallflug, dass es nur so kracht und donnert an der wolkenbehangenen Pforte zur Hölle. Ganz großes Tennis, was die Truppe aus Downtown Gimbweiler hier auf’s Vinyl gezaubert hat! Chapeau! Bombe! Großartiger, geiler Scheiß!!!

Aber von vorne: Wenn ich mich an die Zeiten von vor rund 30 Jahren zurück erinnere, in denen wir mit PASCOW und dem gemeinsamen Freundeskreis so manchen Keller in der Region (vor einem damals recht überschaubaren Publikum) auseinander genommen hatten, ist die Entwicklung, die damals wahrscheinlich nicht so abzusehen war, in eine astronomische Höhe geschossen, die einfach nur mit lautem Beifall respektiert werden darf! Es ist immer schwierig, Bands zu besprechen, mit denen man befreundet ist, weil man einen Freundschaftsbonus nie ganz verwehren kann. Im Falle „SIEBEN“ (wie bei den Vorgängeralben auch schon) ist dies aber nicht im Ansatz nötig, denn PASCOW sind musikalisch längst darüber hinausgewachsen, dass sie auf Freundschaftswerbung im Sinne eines TV-Abos angewiesen wären ;).

Aber es geht hier um Musik und die gestaltet sich auf dem mittlerweile siebten Album wie ein Gesamtkunstwerk, das den Ratten, die gefälligst aus allen Löchern gekrochen kommen sollen, gewidmet ist. Los geht’s mit dem Opener „Himmelhunde“. Der Basslauf, der die Nerven schon mal freilegt, dann die Gitarren, die von Dead Kennedys nicht besser hätten mit Hall und Geilheit belegt werden können und dann der Einsatz des Schlagzeugs…Die Abrissbirne trifft die Hauswand und alles fällt zusammen. Alex bejubelt das Spektakel mit gewohnt vokal-kritischen Passagen. Die markante, rotzige Stimme kommt einem Wechsel von Melodie, Melancholie und Verzweiflung gleich und der Einstieg in die Platte ist so unglaublich spannend! Punkrock zu zelebrieren ist schwer? Nein, so scheiße einfach kann das sein! Quasi ein Ass zum Auftakt, was will man mehr?

Es folgt „Königreiche im Winter“. Und was sich beim ersten Song bereits angekündigt hatte, findet hier seine exzellente Fortsetzung. Im Wechsel und im Chorus mit der charismatischen Stimme von Apokalypse Vega wird hier textlich Rache geschworen und musikalisch im Midtempobeat und einer unglaublichen Melodieführung der Deckel drauf gesetzt! Geil!

Dann kommt es, wie es kommen muss: Mit Monde schießen mich PASCOW endgültig aus meinem Geheimversteck im Baum bei den toten Fabriken ab, denn was die Herren Ollo, Bohlo, Alex und Flo hier abreißen ist von vorne bis hinten Punk’n Roll der Extraklasse. Melodisch und düster abwehrend zugleich ballert sich der Song in meine Eingeweide und läuft lange Zeit in Dauerschleife. Hanna Landwehr setzt mit ihrer unglaublich guten Stimme dem Ganzen die Krone auf (sowie bei 14 Colakracher auch), wowi!

Und wenn uns im nächsten Hit der Teufel einen Kuss schickt, dann weiß man vermutlich recht schnell, was der Truppe um Frontmann Alex so alles gegen den Strich geht. So geht Kritik und wutentbrannter Ausdruck gegen die ganze Scheiße, die auf unserem ach so tollen Planeten und in unserer Gesellschaft so passiert und gleichzeitig das Wesen „Mensch“ einfach so tut, als wäre nix gewesen! Auch musikalisch ist „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ außergewöhnlich, denn nicht der treibende Beat steht im Vordergrund, sondern die punkige, abgehackte Version eines England-Punkriffs  im Stile von The Clash Sex Pistols oder anderen Konsorten. Was ist das los bei euch, PASCOW? Wollt ihr mir noch mehr Blutschübe in die Lendengegend bringen?

Mit „Grüsst Eve“ wird PASCOW pur gespielt, so wie man sie seit den neueren Alben bereits kennt. Mit stimmgewaltiger Unterstützung von Nadine Nevermore (die auch für Mailand und Daniel & Hermes ihre Stimme hergibt) gibt es hier keine große Überraschung, das ist gewohnt geil!

Es folgen „Die Unsichtbaren“ und „Boris Blocksberg“, bevor schon der nächste Überhit angerauscht kommt. „Mailand“ ist ein ein Uptempo-Kunstwerk, das mit Musiker*innen von Böhmermanns Showorchester seine ganz feine, experimentelle Note bekommt. Sara Lopez spielt die Violine, Peter Honsalek Viola und Michael Wern singt unter anderem auch noch mit. Habe ich in der Kombination nur bei schwedischen Hardcore-Kombos in Erinnerung, die mich in den 90er Jahren schon fasziniert haben.

Es wäre vermessen, auf einzelne Songs nicht einzugehen, aber wie das bei allen Reviews von Pistolero nunmal so ist, sollen jetzt noch zum krönenden Abschluss die weiteren Anspielkracher genannt werden: „Daniel & Hermes“, gefolgt von „14 Colakracher“ und „Von unten nichts Neues“. Reinhören da!

Mein absoluter Favorit auf dem Weg zum Lauf auf die letzten Rillen ist jedoch „Tom Blankenship“. Vielleicht, weil der Mann vom Amt dieses Review schreibt :D? Das ist musikalisch Rock’n Roll pur, mit einem Text, der den Abschaum erwachen lässt, denn hier ist er Zuhaus!

Also liebe Freund*innen des gemischten Doppels: Mit „Sieben“ spielen meine Buddies PASCOW ein ganz großes Tennismatch, so wie es die Meeresschnecke Bursina Borisbeckeri nicht besser in Wimbledon hätte spielen können! Spiel, Satz und Sieg für die Herren aus meiner Region.

Musikalisch ist das alles großartig, textlich sowieso und auch die Aufmachung der Platte mit großzügigem Booklet und Fotos ist mehr als gewöhnlich! Eieiei, richtig gut!

Hört rein in den geilen Scheiß, geht auf ihre Konzerte und lasst euch mal wieder so richtig fertig machen von richtig guter Mucke! Gibt doch nichts Besseres als dieser Hoffnungsfunke in dieser immer beschissener werdenden Kackwelt!

Und ein Gruß geht raus an Ollo: Ja, Du hast es durchgezogen und ich war einfach zu faul zum Üben :D. Respekt und Hut ab!

Pistolero sagt auf unbestimmte Zeit Auf Wiedersehen hier…aber ich werde wohl wiederkommen! *jederzeit WILLKOMMEN!

PASCOW im Internet: