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Das Interview hat schon einige Jahre aufm Buckel, aber Hey JörKK macht immer noch Musik in diversen Bands: Zu der Zeit noch unter dem Namen Ultrafair aus Düsseldorf.

moin nico!

in anbetracht dessen, daß ich für meinen füherschein 16 monate gebraucht habe, sind die 4 monate für das interview hier doch ein klacks!!! oder???

Ahoi KK, fangen wir mal mit dem langweiligen Part des Interviews an da ich außer dir keinen in der Band kenne!? Langer Rede kurzer Sinn erzähl mal etwas über euch was ihr so treibt…! Was hat es mit dem Bandnamen „Ultrafair“ auf sich?

JörKK: thorben als einziger nicht exil-saarländer am bass, er kommt ursprünglich aus hessen, yannick an der gitarre, eric am schlagzeug und meine wenigkeit am gesang. wir leben und lachen so gut es eben geht und so oft es uns möglich ist seit einigen jahren in düsseldorf. irgendwann hat man sich bei selbsthilfegruppen, aushilfsjobs und trinkgelagen kennen und lieben gelernt, einen proberaum angemietet und fertig…

wie immer. wie überall auf der welt. wie es sich gehört… und wir heissen ULTRAFAIR, weil der name FROSTKOTZE zwar phonetisch anspruchsvoller, marketingtechnisch aber ein wenig sperrig schien… und „google“ sei dank bemerkten wir ehe es peinlich werden konnte, daß HÜSKER DÜ leider schon vergeben war…

Als ich zum ersten mal die Platte hörte war ich der vollen Überzeugung du bist für die Schießbude (ich denke an deine alte Band hehehe) tätig und nicht für den Gesang zuständig. Die Stimme hat mich völlig begeistert und klingt nach Hamburger Schule? Was hat dich dazu bewegt den Gesang zu übernehmen außer die tanzenden Girls in der ersten Reihe besser zu sehen?

JörKK: singen tue ich, weil man es nicht so weit bis zur gegenüberliegenden theke hat. zudem  hat man zwei hände zum popeln, rauchen und sich kratzen frei und muß nicht so viel quatsch rumschleppen und aufbauen wie der arme schlagzeuger. naja, und um ehrlich zu sein: eric spielt auch ein kleiiin wenig besser schlagzeug als ich… hüstel…

das mit der hamburger schule ignoriere ich jetzt einfach mal. vorsetzlich.

Wie in meinem Review geschrieben hab ich eigentlich fetten Rock aus dem Hause KK erwartet. Was hat dich dazu bewegt etwas „ruhigere“ Musik zu machen? Beim ersten hören dachte ich sofort an alte Tocotronic oder auch Dackelblut Sachen? Beim zweiten durchlauf sind mir spontan Tomte und Samain eingefallen? Von welchen Bands wurdet ihr beeinflusst und beschreibt mal euren Sound außer Prosecco Punk selbst?

JörKK: einflüsse gibt es zu viele, alle aufzählen zu wollen würde jetzt einige seiten namedropping nach sich ziehen. und diese frage ist ja sowieso nahezu unmöglich so zu beantworten, daß es nicht bereits eine million ähnliche antworten in den gazetten und auf den internet-seiten dieser welt gäbe. na gut, ein wenig namedropping werde ich dann wohl doch betreiben müssen… ich versuche, mich kurz zu fassen:

also auf 80´er und 90´er indierock á la HÜSKER DÜ, SUPERCHUNK und DINOSAUR JR können wir uns musikalisch sicherlich alle einigen. mein gewimmer ist eben das, was rauskommt, wenn ich mich zur musik artikuliere. ich habe da wirklich keine vorbilder, wenngleich ich gerne klingen würde wie bob mould oder auch ted leo. im einzelnen sieht es so aus, daß thorben ein alter punkrocker ist, über dessen frühphase ich allerdings nicht allzuviel zu berichten weiß. danach kamen dann auch schon sachen wie MINERAL, SUNNY DAY REAL ESTATE und andere so called „emo“… sorry, meine „post-punk“ geschichten dazu. seine interessen reichen aber mittlerweile, wie bei uns allen und eigentlich jedem denkenden wesen in unserem alter, weit über das genre „punk“ hinaus. yannick hat mit 15 oder so als deutschpunk-kid im mit dosenbier und wut im bauch im stadtpark begonnen und sich dann aber recht schnell über BOXHAMSTERS und EA80 hin zum JOY DIVISION fan und zum SONIC YOUTH, SUPERCHUNK, PAVEMENT-nerd entwickelt. also in eine richtung, die ich als typischen indierock bezeichnen würde. unser eric ist derart offen und multipel interessiert, daß eine eingrenzung geradezu beleidigend wirken würde. spielt man allerdings die SONICS oder STOOGES oder ähnlich rohes als auch partytaugliches, geht schnell was kaputt und „he turns into a martian“… ich bin ein ex-mofa-fahrendes heavy-metal kind vom dorf, daß lange und vieeel schrott gehört hat. schade? nein. heute verbuche ich das unter: know your enemy… mit 17 ging es dann aber auch bei mir musikalisch bergauf… nun ja, deutschsprachigen punkrock finde ich zum beispiel immer noch eine allzu oft unterschätzte sache. besser als sein ruf ist er bei genauerer betrachtung allemal. wobei es natürlich auch viel parolen-müll und kinder-kacke gibt. ich denke dabei auch mehr an das SCHIFFEN-label, weird-system sachen, BOXHAMSTERS und ähnliches… mittlerweile bin ich allerdings auch fast allem gegenüber offen. ein sympathischer background, meint eine gewisse, subkulturelle sozialisierung sollte es schon haben. einfach „schön klingen“ reicht oftmals aber auch. ich denke aber, ich werde immer immer immer, nicht nur aus trotz, ein großer fan von BLACK FLAG, den ANGRY SAMOANS und den DESCENDENTS bleiben, zack! diese drei bands zu nennen war mir hier auch sehr wichtig. sie stehen für mich für intelligenten hass & misanthropie, unterhaltsam aufsässigen zynismus und die perfekte symbiose aus perfektion & melodie.

Schaut mal sich die Aufmachung eurer Single fällt einem gleich die liebevolle Gestaltung ins Auge? Bambi im Golddruck, dazu etwas dickeres Vinyl was bei einem alten Vinylliebhaber wie mir gleich für Begeisterung sorgt. Wie wichtig ist euch die Aufmachung und wer war dafür zuständig?

JörKK: diese blumen gehen allesamt an unsere (und deine) freundin linda (linda@ox-fanzine.de), die ja jetzt diplomioerte kommunikationsdesignerin ist und ihren job echt verflucht gut versteht. als punkbratze vom dorf, so wie ich eine bin, mit entsprechender subkultureller sozialisierung, versteht sie es hervorragend, uns und unsere anliegen und ansprüche umzusetzen. schicke optik mit selbstironie verbinden und das optisch ansprechende vermitteln von inhalten ist uns wichtig. und da ist linda eben ein ass, wie ich finde. uns ist die aufmachung sehr wichtig. das meint nicht, mehr auf „schein“ statt auf „sein“ zu setzen, sondern das „sein“ eben auch ansprechend rüberzubringen.

Kommen wir gleich mal auf die Texte zu sprechen, die zwar leider fehlen, aber bei genauem hinhören versteht. Ich denke mal für die Texte bist du zuständig also erzähl mal was dazu!?

JörKK: meine texte sind auf deutsch, weil ich ein lausiges englisch spreche und finnisch dich niemals nicht in die hitparade bringt. pfff… scheiß frage. jetzt kann es nur noch doof werden: ich erzähle eben, was ich sehe, höre, erlebe und tue dies möglichst so, daß derjenige, um den es sich dreht, nicht auf der straße angequatscht wird oder beim namen genannt wird. kryptische scheiße aus zeugenschutzgründen. ich stecke auch gerne baukastenmäßig verschiedene geschichten, zum beispiel zum thema leidigen liebe zusammen. aus dem leben anderer, aus meinem und aus der mittwochabend-soap. so bleibt für viele platz zur eigenen interpretation und man ist nicht lediglich als voyeur im leben anderer unterwegs. und „schöne worte“ oder griffige reime finden auch gerne mal den weg aufs papier. ohne tiefere bedeutung für mich. stichwort wortmalerei. klingt alles sehr überkandidelt und abgehoben, ist aber auch nicht leicht zu beschreiben, dieser prozeß.

Wie waren die Kritiken auf euere Scheibe? Gab es dadurch schon Konzertanfragen oder gar Angebote von anderen Labels?

JörKK: die kritiken? die sagen, wir sind die FEHLFARBEN der neuzeit. wir sind endlich mal eine band aus düsseldorf, die sich nicht dem bierseeligen stadionrock verschrieben hat. wir sind schrummel-pop mit melodien für die ewigkeit und ich klinge wie eine mischung aus jochen distelmeyer, bernd begemann und rio reiser. die musik klingt nach THE ABS, DINOSAUR JR, HÜSKER DÜ und SUPERCHUNK. von uns wird man noch hören, sagt man. ja, sony, die emi und universal schicken jeden tag blumen und pralinen. ULTRAFAIR sind BLACK FLAG sehen und MÜNCHNER FREIHEIT hören…

ja, all das… und die erde ist eine scheibe.

Live soll auf euren Konzert ja Anzugspflicht herrschen und ein Sektgläschen mitgebracht werden? Wie kommt man auf solche Ideen und wie wird es vom Publikum angenommen?

JörKK: punk-intern kann man ja heutzutage nur noch mit bausparverträgen und bankangestellten-klamotten schocken. und da wir alle mehr oder minder direkt aus der „härteren“ ecke kommen, bzw. uns bei konzerten usw. gerne und oft dort aufhalten, fingen wir selber irgendwann damit an, uns das GAY bzw. POP etikett anzuheften, ehe das unsere freunde aus der „harte jungs“ punk-ecke tun konnten. mehr zum spaß, klar. home-szene bezogene, präventive selbstverstümmelung quasi. den prosecco, den es standard-mäßig auf unseren konzerten für lau gibt, saufen die punks auch schon recht gerne. mit der anzug-pflicht tut sich der ein oder andere iroträger bis dato noch schwer, aber wir arbeiten dran. die leute die uns nicht kennen, halten uns für versnobt und arrogant, die, die uns von anfang an begleitet haben und die, die es verstehen, finden es witzig und raffen das auch… kuck dir zum vergleich vielleicht mal die YUPPIE PRICKS (Alternative Tentacles) an. unserem „konzept“ (büargh…) nicht ganz unähnlich, das.

Wenn wir bei Konzerten schon sind bin ich immer an Pleiten, Pech und Pannen interessiert. Wie schaut es mit lustigen Konzerterlebnissen aus? Mit wem habt ihr bisher die Bühne geteilt und wie waren die Reaktionen im Publikum? Mit wem wollt ihr unbedingt mal spielen?

JörKK: bei einem konzert in köln habe ich mal, ohne den leisesten anflug von aggression, sondern aus reinem, motorischem unvermögen, einen mikroständer zerlegt und beim rumzappeln einem gast eine leere sektflasche an den kopf gekickt. anschließend hatten wir dann diesen „BLACK FLAG vs. MÜNCHNER FREIHEIT“ spruch an der backe und wurden hier und da als asoziale gay-hooligans verschrien. nun ja, ist der ruf erst ruiniert…

schön war auch der tontechniker, der eric ein geschirrhandtuch auf die snare-drum legte, weil es ihm zu laut war. schmackhaft machen wollte er ihm diesen rock n roll technisch gesehenen mörder-faux pas mit dem spruch: „das geschirrhandtuch hatte schon der trommler von SUPERPUNK auf der trommel liegen!“ wow… na dann…

wichtig waren und sind uns die gigs mit TELEMARK, in die wir uns sofort verknallt haben. klasse jungs und unfaßbar geile musik. gerne wieder. gerne öfter. und den abend in münster, mit unseren blutsbrüdern von DIE ROTE SUZUKI werden wir in unserer maroden erinnerung unauslöschbar speichern. ein echtes gelage von biblischen ausmassen, junge junge… ausserdem schön: zusammen mit den BOONAAARAS & den SHOGETTES in Coburg. unsere releaseparty mit den brachialen sexbomben von THE SWAT und den maniacs von BARSEROS nicht zu vergessen. kürzlich bezauberten uns musikalisch als auch menschlich die dame und ihre jungs von KARATEDISCO…

ach verdammt, es ist immer schön. was fasel ich hier…

Dann kommen wir langsam mal zum Enden, was steht für die Zukunft auf dem Plan, eine komplette Platte, Tour…???

JörKK: touren ist immer doll, auch wenn ich nach zwei tagen meine fistelstimme auf den sperrmüll stellen kann. ich arbeite dran. wir spielen viel, wenngleich auch überwiegend am wochenenden, freitag, samstag und dann nix wie heim, wunden lecken… ich bin was das angeht eine ziemliche pussy. „wer saufen kann, kann auch arbeiten!“. wüßte gerne, auf wessen mist DAS gewachsen ist… die platte haben wir jetzt endlich im kasten, kommt wohl im november. mal sehen, wer sich wann breitschlagen läßt, sie zu bezahlen. KIDNAPMUSIC hat auf jeden fall das „vorkaufsrecht“ für die CD. ehrensache. die haben uns ohne aussicht auf eine müde mark sofort an die brust gedrückt und uns bei der single und beim merch nach leibeskräften unterstützt, das ist nicht selbstverständlich und das verpflichtet zu eeewiger dankbarkeit. ausser, universal ruft doch noch an… wenn jemand die LP machen will, fänden wir das extrem schick, wenn nicht, machen wir sie selber, sobald die hälfte der CDs verkloppt sind. denn vinyl ist wichtiger als deutschland, logo.

So ich hoffe mal das Interview war nicht zu langweilig und überlasse dir die letzten Zeilen!?

JörKK: interviews sind immer nur so langweilig, wie die leute, die man befragt. hoffe also, du bekommst lob dafür. und jemand hat ein wenig kurzweil beim lesen dieser zeilen. ansonsten bleibt mir nur zu sagen: bitte immer fair bleiben, keine scheiße mit bier bauen und weiterhin platten kaufen, konzerte besuchen und in herz und hirn ein kind bleiben. dann stürzen wir die regierung schon früher oder später, bin ich mir sicher.

ich wünsch euch allen, was ihr euch wünscht und: danke nico!